Sarvodaya Rundbrief

 

Liebe Freundinnen und Freunde von Sarvodaya,

es ist Anfang Mai, im Morgengrauen stimmen Vögel auf den Tag ein, ein üppiges Grün zeigt sich tagsüber. Der ersehnte Regen ist gekommen und hat die Natur erfrischt. Glänzende Perlen im Sonnenlicht.

Bei unserer ersten Wanderung seit längerem sind wir im Fichtelgebirge gleich einer Ringelnatter begegnet, sie flüchtete sacht vor den Eindringlingen. Bei einer Runde um den See in Trebgast ist Urlaubsstimmung aufgekommen. So weit, so gut.

Die Tragödie geschieht an Orten, die nicht mehr so leicht zugänglich sind, z.B. in Krankenhäusern, Altenheimen und Unterkünften für Geflüchtete. Durch meine Arbeit als Gemeindepfarrer bekomme ich eine Ahnung davon, vor welchen Herausforderungen Menschen in all diesen Bereichen stehen. Wie sieht es bei euch aus? Hoffentlich kommt ihr mit all den Einschränkungen zurecht!

Nach wie vor hält die Corona-Pandemie die Welt in ihrem Griff. Gerade sind die Ausgangssperren in Indien und Bolivien wieder verlängert worden. Während in Deutschland über Lockerungen diskutiert wird, kämpfen andernorts Menschen ums Überleben. Am 11. April hatten wir über drei Nothilfe-Programme in Tamil Nadu, El Alto und St. Ignacio de Moxos berichtet und um Unterstützung gebeten. Sie ist großartig ausgefallen. Dafür ganz herzlichen Dank!

Wir konnten bereits über 10.000 € an verschiedene Projekte in Indien und Bolivien weiterleiten. Dieser Rundbrief soll euch über Einzelheiten informieren:

TRED (Trust for Rural Education and Development)

Unser Freund Viennie und seine Tochter Yuvana haben zusammen mit einem Team Dalit- Familien und Tagelöhner in Thalavadi, einem abgelegenen Dorf ganz im Nordwesten von Tamil Nadu, unterstützt. Sie haben einen ausführlichen Bericht geschrieben (s. Anhang 1) und setzten ihre Hilfe fort. Erst heute schreibt Viennie von einer Gruppe von Musikern, denen durch ausfallende Hochzeiten die Auftrittsmöglichkeiten wegbrechen und denen TRED genauso wie 25 weiteren Familien unter die Arme greift. Selbst der Gründer von TRED, Fr. Tony, den wir seit den 80-er Jahren kennen und der sich mittlerweile im Ruhestand befindet, organisiert in seiner Umgebung in den Nilgiri-Bergen Hilfsprogramme für Adivasi-Familien

DHRC (Dalit Human Rights Centre)

Fr. Yesumarian spricht von einer miserablen Situation, in der sich Dalit-Familien in der Region um Chengalpattu (eine Autostunde südlich von Chennai) befinden. Die Hilfe durch das DHRC-Zentrum ist angelaufen, ein Bericht folgt baldmöglichst. Da bitten wir noch um etwas Geduld.

LIFT (Life Care Trust)

Das Team um Leema und Aloysius wurde besonders von Frauen um Unterstützung gebeten, die normalerweise Fische vom Strand zum Markt befördern. Dafür benutzen sie große Körbe, die sie auf dem Kopf tragen (Head Load Fisher Women Workers). Da es den Fischern in der Küstenregion verboten ist, mit ihren Booten in See zu stechen, sind auch diese Frauen arbeits- und mittellos. Ihnen fehlt das Nötigste, um ihre Kinder zu ernähren. „Sie können keine Dinge für den täglichen Bedarf kaufen, ihre Armut ist auf die Spitze getrieben,“ schreibt Aloysius in einer Mail vom 24.4.20. Auch da sind wir mit unserem Verein eingesprungen, mittlerweile läuft ein Notprogramm für diese head load women und ihre Familien, Bericht folgt.

Leonas („Löwinnen“) in El Alto

Mit den Frauen, die die Fingerpuppen stricken, besteht ein fast täglicher Kontakt per WhatsApp. Sie sind fleißig an der Arbeit, ohne zu wissen, wie die Fingerpuppen zu den Empfängern gelangen sollen. Ein Paket wurde zwar schon vor einigen Wochen los- geschickt, ist aber in Deutschland noch nicht angekommen. Die Ausgangssperre in Bolivien stellt die Leonas vor riesige Probleme. Fast alle Arbeitsmöglichkeiten der Familienangehörigen fallen weg. Eva Pevec, die als Eirene- Mitarbeiterin die Gruppe weiter begleitet, beschreibt in einem Rundbrief, wie ihr die Frauen ihre Situation geschildert haben (s. Anhang 2). Durch die Unterstützung von außen konnten sie Probleme lösen, die ihnen sonst über den Kopf gewachsen wären. Die Frauen bedanken sich explizit für die Hilfe. Elisabeth, eine Leona, schilderte, wie sie vor Dankbarkeit weinen musste als sie davon erfuhr und Felipa ist beeindruckt, dass Menschen helfen, die sie gar nicht kennen. Alle schreiben ein herzliches Dankeschön an euch, die sie unterstützen!

Q'epiri

Der Musikunterricht von Q’epiri wird unter normalen Umständen in sieben Institutionen erteilt. Drei davon sind durch die Quarantäne geschlossen. In den Kinderheimen, wo die Kinder und Jugendlichen fest wohnen, kann der Unterricht weiterlaufen. Allerdings auch unter anderen Vorzeichen. Im am Stadtrand gelegenen Heim „Virgen de la Yedra“ gibt es kein gut funktionierendes Internet. Hier findet der Unterricht mit den notwendigen Schutzmaßnahmen statt (Desinfektion, Abstand und Maske für die, die von außerhalb kommen – s. Anhang 3). In den anderen drei Heimen findet digitaler Unterricht mit Filmen und Videotelefonaten statt. Mit einigen Jugendlichen aus der Tageseinrichtung „CIMET“ läuft der Kontakt mit Unterricht über das Videotelefonieren bei WhatsApp. Beim Musikunterricht geht es nicht ums Überleben, wie bei den anderen Hilfsmaßnahmen. Allerdings „lebt der Mensch nicht vom Brot allein“ und so bietet die Musik eine Abwechslung und Bereicherung für die Kinder. Ohne direkten Schulunterricht, allerdings mit vielen Hausaufgaben, die die Lehrer*innen schicken, muss auch dort der Tag strukturiert werden. Zudem ist die Quarantäne viel strenger als in Deutschland geregelt. Die Heimkinder dürfen die Einrichtungen nicht verlassen!

CIMET

Diese maßgeblich vom Lorenzer Laden in Nürnberg aufgebaute Anlaufstelle für auf dem Friedhof arbeitende Kinder und Jugendliche ist während der Quarantäne geschlossen. Ebenso der Friedhof. So bricht der Zusatzverdienst weg, mit dem die „trabajadores“ ihre Familien unterstützten. Auch die Eltern selbst sind in große Schwierigkeiten gekommen, da die meisten keine feste Anstellung haben und von dem leben, was sie am Tag verdienen. Mit Hilfe des durch Sarvodaya ermöglichten Kartoffelprojektes und des Gartens samt Gewächshaus (s. Anhang 4), können die Familien durch Nahrungsmittel unterstützt werden.

Ignacio de Moxos

Durch Toño erreichte uns der erste Hilferuf. Er organisierte eine gewaltige Hilfe für die hilfsbedürftigen Familien in und um San Ignacio im bolivianischen Tiefland. Die Güter wurden in Rationen in Plastiktüten verpackt. Pro Familie mit fünf oder sechs Mitgliedern gab es: 7 kg Reis, 7 kg Mehl, 4 kg Zucker, 1kg Nudeln, 1kg Salz, 2 l Öl, 1 Packung Tee und eine Tüte Schinken in Pulverform. Mit 16 Fahrzeugen haben sie die Hilfe zu den betroffenen Menschen gebracht. Danach bekam Toño erneut eine Sondergenehmigung, um in die drei Stunden entfernte Stadt Trinidad zu fahren, um erneut Lebensmittel zu kaufen. Mit den Vorarbeiten zur Verteilung soll diese Woche begonnen werden. Letzte Woche durfte in San Ignacio und Umgebung niemand mehr die Häuser verlassen, da sich Bewohner mit dem Corona-Virus infiziert hatten und die Kontaktpersonen getestet wurden. In Bolivien ist mittlerweile die Ausgangssperre bis zum 10. Mai verlängert worden. Zur Zeit steigt die Kurve der Infizierten noch an und trotz aller Widrigkeiten plädiert Toño dafür, auf keinen Fall zur Zeit etwas zu lockern, da sonst alle Anstrengungen, das Virus einzudämmen, umsonst gewesen wären.

Er bedankt sich ausdrücklich für unsere großzügige Unterstützung und ist sehr stolz auf die Freunde der Musikschule, die diese Hilfe vor Ort möglich machen!

So weit die einzelnen Maßnahmen. Ihr könnt diesen Zwischenbericht gerne weiter leiten / geben, wir halten euch auf dem laufenden.

Danke für euer Mittragen und die bestärkenden Worte, die ihr uns geschrieben oder gesagt habt. Alles Gute für euch und eure Familien, bleibt behütet,

 

Sabine und Michael Krug

 

 

  Sarvodaya Rundbrief

Anhang 1

Anhang 2

Anhang 3

Anhang 4

Anhang 5